Bürger schützen, Wirtschaft stützen, Daten erheben, Ausstieg planen
INHALTSVERZEICHNIS
I
Deutschland war auf die Krise unzureichend vorbereitet:
1. Unser Gesundheitssystem wurde in der Vergangenheit zum Teil kaputt gespart – noch am 4. Juni 2019 twitterte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag Karl Lauterbach als Reaktion auf eine entsprechende Forderung der Bertelsmann-Stiftung: „Jeder weiß, dass wir in Deutschland mindestens jede dritte, eigentlich jede zweite, Klinik schließen sollten. Dann hätten wir in anderen Kliniken genug Personal, geringere Kosten, bessere Qualität, und nicht so viel Überflüssiges.“
2. Auch in Rheinland-Pfalz beklagen die Krankenhäuser seit Jahren eine massive finanzielle Deckungslücke. Haushaltsanträge der AfD-Landtagsfraktion zur Erhöhung der finanziellen Mittel für die Krankenhäuser wurden aber abgelehnt. Viele Krankenhäuser auf dem Land sind vor diesem Hintergrund geschlossen bzw. durch die Schließung von teilweise essenziellen Abteilungen wie der Geburtshilfe verkleinert worden, um Kosten zu sparen. In einer großen Krise wie der jetzigen rächt sich eine Politik, die das Gesundheitswesen unter den Primat der Ökonomie stellt.
3. Anfang 2013 hat die Bundesregierung dem Bundestag eine Risikoanalyse vorgelegt, die sich unter anderem mit dem Szenario einer „Pandemie durch Virus-Modi-SARS“ befasst. Diese Analyse war federführend vom Robert Koch-Institut unter Beteiligung weiterer Bundesbehörden erstellt worden und zeigt hinsichtlich Art, Umfang und erforderlicher Gegenstrategien deutliche Parallelen zur jetzigen Corona-Krise auf. Sträflicherweise wurde von der Bundesregierung versäumt, die notwendigen Konsequenzen aus dieser Studie zu ziehen und die für eine derartige Katastrophe unverzichtbaren Vorkehrungen zu treffen.
4. In Folge dessen mangelt es zur Zeit an Vielem, was zu einer Bewältigung der Pandemie hilfreich wäre: Es gibt zu wenige Schutzmasken und Schutzanzüge, bei einer ansteigenden Zahl behandlungsbedürftiger Menschen könnten Beatmungsgeräte fehlen, in manchen Kommunen existieren keine oder unzureichende Notfallpläne, die Abstimmung zwischen den Bundesländern und dem Bund ist ungenügend.
5. Seit den 1990er-Jahren lässt sich ein systematischer Abbau des Zivilschutzes in Deutschland feststellen. Dadurch wurden nicht nur Strukturen und Personalbestand drastisch reduziert, sondern auch die Koordinierungsfunktion des Bundes für den von den Ländern verantworteten Katastrophenschutz geschwächt. Das Fehlen dieser Ressourcen macht sich jetzt in der Krise schmerzlich bemerkbar.
II
Zu Beginn der Krise wurden schwerwiegende Fehler gemacht
6. Noch Ende Januar warnte Bundesgesundheitsminister Spahn vor Panikmache und rief zu Gelassenheit auf. Vom Virus gehe nur „eine geringe Gefahr“ aus. Auch in den Medien konnte man zu dieser Zeit viele Verharmlosungen der Bedrohung beobachten, kritische Stimmen wurden als „Fake News“ oder Verschwörungstheorien verunglimpft.
7. Aufgrund dieser krassen Fehleinschätzung verstrich wertvolle Zeit ungenutzt. Anstatt wie andere Länder rasch die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, blieben die Grenzen offen, gab es noch wochenlang einen weitgehend unkontrollierten Flugreiseverkehr selbst aus Krisenregionen wie dem Iran und Italien und ging die Einreise von Asylbewerbern weiter. Darüber hinaus unterließ man es, Schutzmasken in ausreichender Menge anzuschaffen und zu bevorraten, auf Veranlassung von Außenminister Maas (SPD) wurden diese sogar noch nach China verschenkt. Ebenso blieb die rechtzeitige Bestellung von Beatmungsgeräten und Testmaterialien aus.
8. Auch die für eine wissenschaftliche Bewertung erforderlichen Daten wurden nicht erhoben und ausgewertet. Bis heute fehlen beispielsweise zuverlässige Informationen über die Anzahl der tatsächlich infizierten Personen, die Altersstruktur der Erkrankten in Korrelation zum Schweregrad der Symptome, den Infektionsweg und die umfassenden medizinischen Befunde für die im Zusammenhang mit Corona gemeldeten Todesfälle. Dabei sind solche systematisch und in großem Umfang erhobenen Daten unabdingbar, um zuverlässige Aussagen über die mit der Epidemie verbundenen Gefahren zu treffen, zielgerichtete Schutzmaßnahmen abzuleiten und so die nachteiligen Effekte zu minimieren.
III
Die ergriffenen Maßnahmen haben schwerwiegende soziale und wirtschaftliche Folgen
9. Da aufgrund fehlender Daten begrenzte, lediglich auf einzelne Gruppen abzielende Maßnahmen unverantwortlich gewesen wären, blieb nach dem rasanten Anwachsen der Infektionszahlen nichts anderes übrig, als vorsichtshalber die gesamte Bevölkerung einzubeziehen: Schließung aller KiTas, Schulen, öffentlicher und kultureller Einrichtungen, weitreichendes Versammlungsverbot, Schließung aller nicht lebensnotwendigen Geschäfte, Überwachung und teilweise Sperrung der Grenzen und vieles mehr.
10. Diese Maßnahmen führten und führen zu erheblichen Einschränkungen wesentlicher Freiheitsrechte, zu gravierenden wirtschaftlichen Schäden und einer exorbitanten Neuverschuldung des Bundes und der Länder durch Zuschüsse und Bürgschaften für in Not geratene Betriebe, Selbstständige und Familien.
11. Nahezu alle Wirtschaftsfachleute gehen davon aus, dass die aufgrund der Corona-Krise ergriffenen äußerst restriktiven Maßnahmen eine mehr oder weniger starke Rezession zur Folge haben. Diese würde den Bestand zahlloser Firmen gefährden und damit Hunderttausende von Arbeitsplätzen bedrohen. Insbesondere Selbstständige und kleine bzw. mittelständische Unternehmen wären davon betroffen.
12. Ebenso massiv gefährdet sind zahlreiche Kultureinrichtungen, freischaffende Künstler und Vereine. Auch sehr viele Gaststätten, Restaurants, Cafés und Hotels drohen in eine existenzgefährdende finanzielle Schieflage hinein zu geraten.
IV
Wir müssen unsere Bevölkerung schützen
13. Fortsetzung der getroffenen Maßnahmen, solange die Bedrohungslage es erforderlich macht – zum Schutz unserer Bürger dürfen keine Kosten und Mühen gescheut werden
14. Schnellstmögliche Versorgung mit Atemmasken und Schutzausrüstungen gemeinsam mit der heimischen Wirtschaft gewährleisten – Schutzbedingungen in der mobilen Pflege und bei pflegenden Angehörigen verbessern.
15. Finanzierung zusätzlicher Intensivbetten in den Krankenhäusern durch das Land
16. Nachhaltige Versorgung besonders gefährdeter (vulnerabler) Gruppen mit Essen, Nahrungsmitteln und sonstigen Waren des täglichen Bedarf – Einrichtung eines Förderfonds für gemeinnützige Organisationen und andere Unternehmen, die Angebote zur mobilen Versorgung schaffen
17. Ausstattung unserer Schulen mit Webcams und einer Notfallausrüstung für den Heimunterricht. Stärkung und krisensicherer Ausbau von Online-Lernplattformen (z.B. „Moodle“)
18. Intensivierung des Breitband-Ausbaus, weil in der Coronakrise besonders deutlich wird, wie sehr Deutschland und Rheinland-Pfalz hinsichtlich digitaler Infrastruktur (Mobilfunk, schnelles Internet) abgehängt sind
19. Umfassende Grenzkontrollen zur Verhinderung unerwünschter Einreisen, generelles Einreiseverbot auch für Asylsuchende
V
Wir müssen unsere Wirtschaft stützen
20. Schaffung eines echten Soforthilfeprogramms des Landes, das – neben dem Angebot von Darlehen – auch finanzielle Hilfen ohne Rückzahlungsverpflichtungen vor allem für Klein- und Mittelbetriebe beinhaltet. Hier ist eine schnellere Bearbeitung gewährleistet, da Kreditwürdigkeitsprüfungen durch die jeweiligen Banken entfallen.
21. Berücksichtigung von Umsatzausfällen neben den laufenden Kosten bei der Zumessung der Soforthilfen von Bund und Land – so wie es unser Nachbarland NRW praktiziert. Davon profitieren alle Unternehmen, insbesondere aber Solo-Selbständige und Kulturschaffende, die keine betrieblichen Fixkosten haben, aber ihren Lebensunterhalt vollständig über ihre Tätigkeit bestreiten und nicht durch Kurzarbeitsmaßnahmen ihrer Arbeitgeber aufgefangen werden.
22. 100-prozentige Übernahme der Bürgschaften für die Hilfsdarlehen aus dem Zukunftsfonds Rheinland-Pfalz durch das Land Rheinland-Pfalz – im Sinne der betroffenen Unternehmen und zur Risikovermeidung für die Kreditwirtschaft Vereinfachung der Prüfungsverfahren, um schnellere Entscheidungen zu ermöglichen und die Unternehmen kurzfristig mit Liquidität zu versorgen
23. Besondere Unterstützung stark betroffener Branchen, wie etwa des Hotel- und Gaststättengewerbes mit seiner herausragenden Bedeutung für Rheinland-Pfalz
24. Umsetzung der Forderungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) nach einer spürbaren Anhebung des im internationalen Vergleich sehr niedrigen Kurzarbeitergeldes in Deutschland auf mindestens 80 Prozent mit einer Aufstockung auf bis zu 90 Prozent für Beschäftigte im Niedriglohnsektor
25. Ausdehnung des Kurzarbeitergeldes auf Auszubildende, um die Gefahr von Kündigungen zu verringern
26. Schaffung eines aus Teilen des Rundfunkbeitrags finanzierten Hilfsfonds für kleine private Medien und freischaffende Künstler, deren Einnahmen jetzt wegbrechen
27. Kostenübernahme von bis zu 50 Prozent für kleine und mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung von Maßnahmen, die den Infektionsschutz am Arbeitsplatz ausbauen, um so eine frühe Wiederaufnahme der Produktion oder Dienstleistung zu ermöglichen
28. Zugang zu Verpflegung und sanitären Einrichtungen für Berufskraftfahrer, die derzeit die Hauptlast der allgemeinen Versorgung tragen
29. Schnelle und unbürokratische Hilfen, die dorthin gelangen, wo sie benötigt werden. Verbindliche und enge Fristvorgaben, sofern nötig umgehende Personalergänzungen bei den zuständigen Behörden
VI
Wir müssen Daten erheben, für die Zukunft planen und den Ausstieg vorbereiten
30. Die mit den aktuellen Schutzmaßnahmen verbundenen Belastungen dürfen wir unserer Bevölkerung und unserer Wirtschaft nicht länger zumuten, als es die Gesundheitslage erforderlich macht. Dies gilt auch für die gegenwärtigen erheblichen Grundrechtseinschränkungen.
31. Wir fordern eine zeitnahe, regelmäßige, schnell getaktete und umfassende Evaluation sämtlicher Maßnahmen, gegebenenfalls eine Anpassung an neue Erkenntnisse und Entwicklungen. Insbesondere benötigen wir schnellstmöglich flächendeckende oder zumindest repräsentative stichprobenartige Infektions-Tests und eine Erhebung und Auswertung aller für das Verständnis der Pandemie wichtigen Daten, vor allem hinsichtlich der Verbreitung und der Infektionswege der Krankheit.
32. Haushaltsrücklagen sind vorrangig vor einer Neuverschuldung des Landes zu verbrauchen.
33. Die Regierung hat vollständige Transparenz über die Verwendung der vom Landtag zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel herzustellen.
34. Eine schrittweise Rückkehr zur Normalität sollte so schnell wie möglich eingeleitet werden, nach Möglichkeit bereits im Laufe des Aprils. Einschränkungen für Bürger und Wirtschaft dürfen keinesfalls länger als unbedingt nötig aufrecht erhalten werden. Dazu bedarf es der sofortigen Erarbeitung einer verantwortungsethisch begründeten Exit-Strategie durch Land und Bund. Die Politik muss für alle Mitbürger und unter Einbeziehung sämtlicher relevanter gesundheitspolitischer, wirtschaftspolitischer und gesellschaftspolitischer Erwägungen Perspektiven zur Lockerung des derzeitigen „Shutdowns“ in dem Maße aufzeigen, wie die gesundheitliche Lage dies zulässt. Zur näheren Ausgestaltung einer solchen Exit-Strategie verweisen wir auf das Positionspapier der AfD-Bundestagsfraktion zur Corona-Krise vom 8.April 2020 (Siehe: Webseite Sebastian Münzenmaier).
VII
Die Coronakrise hat viele bisherige Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt. Sie hat die Stärken, aber auch die Schwächen unseres Landes schonungslos aufgedeckt. Und sie hat deutlich gemacht, welche Dinge für eine Gesellschaft wirklich wichtig sind und was wir vielleicht nur für unverzichtbar gehalten haben.
Deshalb sollten wir nach dem Ende dieser gewaltigen Krise kritisch Bilanz ziehen. Über die Fehler, die vorher und in ihrem Verlauf begangenen wurden, über die entsprechenden Verantwortlichkeiten, aber vor allem auch darüber, was wir aus den gemachten Erfahrungen lernen können. Damit wir für die nächste Krise besser vorbereitet sind und damit wir die richtigen Schlussfolgerungen für unser künftiges Zusammenleben und eine Politik zum Wohl der Menschen ziehen.
Für uns als Alternative für Deutschland (AfD) stellen sich vor diesem Hintergrund folgende Fragen:
35. War es richtig, Krankenhäuser in der Fläche abzubauen und in erster Linie an der Wirtschaftlichkeit auszurichten?
36. Inwieweit können und müssen globale Zentralisierungs- und Monopolisierungsprozesse in der Wirtschaft gegenüber der Stärkung von enger verbundenen Großräumen und Nationalstaaten zurückgefahren werden?
37. Wie können wir Abhängigkeiten von internationalen Lieferketten reduzieren, die in einer Krise zu katastrophalen Versorgungsengpässen beispielsweise mit Arznei- und Grundnahrungsmitteln führen können? Das gilt nicht nur, aber vor allem für Medizinprodukte und lebenswichtige Industrien.
38. Müssen wir nicht ein Stück weit zurück zu einer Vorratshaltung auch in der Wirtschaft, nachdem sich die konsequente Just-in-time-Logistik als extrem krisenanfällig erwiesen hat?
39. Bedarf es nicht einer wieder stärkeren Vorsorge in allen Bereichen unserer Gesellschaft, um gegen Katastrophen besser gewappnet zu sein?
40. Ist es richtig, immer mehr Menschen in urbanen Metropolen zu konzentrieren, wo das Risiko von Epidemien erheblich größer ist als auf dem Land?
41. Bietet der Individualverkehr gerade in Notsituationen nicht klare Vorteile gegenüber einem ÖPNV und wäre es deshalb nicht fatal, ihn immer weiter zurückzudrängen?
42. Wäre es nicht wichtig, familiäre Strukturen als kleinste Einheiten wieder subsidiär zu stärken, damit im Notfall auf sie zurückgegriffen werden kann? So hat die Krise gezeigt, dass allein schon die vorübergehende häusliche Betreuung von Kindern für viele Familien ein riesiges Problem darstellt, obwohl gerade hier besonderer Schutz gegeben ist.
43. Sollten wir nicht alternative und familienfreundliche Arbeitsformen wie das Home-Office, die sich in der Krise bewährt haben, ausbauen und verstetigen?
44. Könnten nicht Telefonkonferenzen und virtuelle Gesprächsrunden, sofern sie sich als tauglich erwiesen haben, zumindest teilweise fortgeführt und damit die Verkehrs- und Umweltbelastungen verringert werden?
45. Haben wir in der Vergangenheit nicht falsche wissenschaftspolitische Prioritäten gesetzt, indem wir mehr neue Lehrstühle für Genderwissenschaften als für Pharmakologie eingerichtet haben?
46. Schenken wir jenen Berufen, die sich in der Krise etwa als Pfleger, Bauer, Berufskraftfahrer oder Supermarktkassiererin als existentiell wichtig erwiesen haben, genügend Wertschätzung und finanzielle Anerkennung?
47. Wenn Grenzschließungen oder zumindest Grenzkontrollen plötzlich möglich sind, warum hat man diese vorher für undurchführbar erklärt?
48. Wozu benötigen wir eine EU, die so gut wie nichts zur Lösung der Krise beigetragen hat und die mit der erneuten massiven Ausweitung ihrer verfehlten Geldpolitik gerade die Grundlage für die nächste große (Finanz-)Krise legt?
49. Brauchen wir nicht eine grundsätzliche Rückbesinnung auf das Eigene, auf die eigene Verantwortung, die eigene Stärke und Souveränität? Sollten wir nicht in der Lage sein, solche Krisen vor allem aus eigener Kraft oder zumindest in regionalen Großräumen zu bewältigen?
50. Kann eine vorwiegend materialistisch geprägte Gesellschaft in einer solchen Krise überhaupt bestehen? Was sagen die oftmals panische Angst und der damit einhergehende Verlust an Rationalität und Vertrauen über den Zustand unserer Gesellschaft aus? Sind Freiheit, Eigenverantwortung und Gemeinsinn im Vergleich zu Konsum und hedonistischer Selbstverwirklichung zu sehr in den Hintergrund getreten? Ist eine solche Krise nicht auch ein Appell an die Kirchen, sich von dem Trend zur politisch gefärbten Sozialorganisation wegzubewegen und wieder mehr ihre Aufgabe als eine sinnstiftende Organisation zu erfüllen?
Weitere Informationen: Aktuelles zur Coronakrise in Rheinland-Pfalz