Dr. Timo Böhme: Sozialpolitik nach der Corona-Krise

Sozialpolitik nach der Coronakrise

Es ist schon interessant, Pressemitteilungen aus dem Landtag ergattern auf der Facebook-Seite meines Wahlkreisverbandes in Ludwigshafen selten mehr als 500 Zugriffe. Als ich jedoch 500 Euro für eine Hilfsaktion der Caritas in der Corona-Krise spendete und zu weiteren Spenden aufrief, zählte der Post innerhalb kürzester Zeit 3600 Zugriffe. Braucht das Volk also Krisen und Wohltäter, um sich für soziale Themen und Politik zu interessieren? Offensichtlich schon, denn auch die Beliebtheitswerte der großen „Corona-Manager“, welche zwei Monate zu spät starteten und vier Monate nach Ausbruch der Pandemie dann endlich genügend Gesichtsmasken von der BASF gespendet bekamen, um das Notwendigste, eine Maskenpflicht, einführen zu können, stiegen. Deren Politik unterschied sich jedoch in der Krise nicht wesentlich von der Vor-Corona-Zeit: Man wartet bis schwelende Probleme sichtbar und wahrnehmbar werden, um sie dann mit dem Geld der Steuerzahler und Schuldverschreibungen auf die Einkommen und die Zukunft unserer Kinder einzudämmen. Gebet reichlich und ihr werdet gewählt, Wohltaten kommen in Krisenzeiten noch besser an!

Fraglich ist jedoch, ob diese Politik des „immer zu spät Kommens“ eine wirklich zukunftstauglich ist, in einem Deutschland, dass zwar mehr als 10 Billion Euro privates Vermögen vor Corona besaß, jedoch auch schon vor der Krise eine Real-Staatsverschuldung von ca. 7,5 Billion Euro aufwies, private Schulden nicht eingerechnet. Beide Zahlen dürften sich in der Corona-Krise massiv aufeinander zubewegt haben. Damit rutscht Deutschland auf der schiefen Ebene vom Status des „immer noch solventen Schuldners“, in Politik, Presse und Medien gern als Reichtum interpretiert, immer mehr in Richtung Insolvenz. Die Frage stellt sich zudem, wie zukünftige Sozialpolitik unter diesen Umständen finanziert werden kann. SPD, Grüne und Linke haben sich hier schon festgelegt: Noch mehr Enteignung der Bürger und Umverteilung. Im Notfall erschießen wir eben die Reichen und ziehen ihr Vermögen ein, so die ruchbar gewordenen Strategiespiele einer Linken. Dumm nur, dass die Geschichte auf deutschem Boden schon bewiesen hat wohin das führt. Ein Großteil des privaten Vermögens steckt in produktivem Kapital (z.B. Aktien) und in der Substanz der Gesellschaft (z.B. Immobilien, Grundstücke). Mobilisiert man dieses Kapital, wandert es entweder in ausländische Hände, ein Ausverkauf ist die Folge, und/oder die Produktivität sinkt, die DDR 2.0 lässt grüßen.

Soziales Handeln aus meiner Sicht wäre daher in erster Linie, keine Schulden mehr bei zukünftigen Generationen zu machen. Das heißt, nur so viel Geld auszugeben, wie man wirklich hat. Ein Staatsfonds könnte dazu beitragen. Dieser würde nicht nur deutsches Vermögen in deutscher Hand halten und langfristig Vermögenszuwachs erwirtschaften, er müsste auch aktuell mit Kapital gefüllt werden, welches zukünftige Verbindlichkeiten deckt, z.B. Pensionsansprüche und nicht getätigte Investitionen. Diese „reale“ Belastung aktueller Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen würde jedoch so manchen ideologischen Traum von der Rettung der Welt, des Klimas und aller Armen dieser Erde zum Platzen bringen. Sie würde auch den Effizienzdruck auf die Sozialpolitik verstärken. Genauso wie die permanente Aufwertung der DM-Mark die deutsche Wirtschaft zu einer der effizientesten der Welt gemacht hatte, würde sich auch der Sozialstaat von Überregulierung und Bürokratie trennen und massiv verschlanken müssen. Dies würde, abgesehen davon dass eine permanente Armutszuwanderung nicht mehr finanzierbar wäre, nicht notwendigerweise zum Abbau von Sozialleistungen führen. Entflochten werden müsste jedoch das Zuständigkeiten-Wirrwarr zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Würde es daher nicht Sinn machen, den Kommunen mehr Geld zu lassen, z.B. indem nur eine kommunale Nettoeinkommenssteuer, welche sich aus der Differenz von Bruttosteuerertrag und dem Abzug definierter Sozialkosten ergibt, mit Bund und Ländern geteilt werden müsste, anstatt den Kommunen das Geld erst zu nehmen und es dann in kostenaufwändigen Verfahren wieder von Bund und Ländern an die Kommunen zurückfließen zu lassen? Mehr Subsidiarität und Wettbewerb auch im kommunalen Bereich wagen und keine überregulierte Gleichmacherei, das könnte eine Lösung sein. Wagen wir die Sozialkommune!

Soziale Bedürftigkeit ist letztlich eine Lebenssituation, verschuldet oder nicht, und kein nach Sozialgesetzbüchern getrennter Anspruch. Warum definiert man den Begriff der Bedürftigkeit nicht allgemein und verrechnet die Leistungen zwischen den Leistungsträgern im Hintergrund? Das in der AfD-Bundestagsfraktion entwickelte Modell des Staatsbürgergeldes, basierend auf dem Prinzip der negativen Einkommensteuer, könnte eine Unterstützung Bedürftiger ohne enormen bürokratischen Aufwand und Hemmschranken sein. Gerade in der Corona-Krise hätte es sich sicher bewährt.

Die Zukunft des Sozialstaates wird davon abhängen, wie schnell wir die Folgen der Corona-Krise überwinden und zu einer effizienten Sozialpolitik zurückfinden. Meine Vorstellungen dazu habe ich in 11 Sozialthesen formuliert.

11 Thesen zur Sozialpolitik

These 1: Die Alternative für Deutschland bekennt sich zum erfolgreichen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell der Sozialen Marktwirtschaft. Diese garantiert die Freiheit des Einzelnen, so wie sie auch zur sozialen Verantwortung verpflichtet. Erhalt und Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft zum Wohle des deutschen Volkes hat für die AfD höchste Priorität.

These 2: Die Alternative für Deutschland bekennt sich zum grundgesetzlich geschützten Recht auf Eigentum und sieht sich verpflichtet, dieses Recht vor übermäßigen Eingriffen des Staates zu bewahren. Das Recht auf Eigentum ist Grundvoraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben und damit für die Freiheit eines jeden Einzelnen. Alle Deutschen sollen das Recht haben, über ihr Eigentum grundsätzlich eigenverantwortlich zu entscheiden.

These 3: Die im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft und zum Zwecke des wirtschaftlichen wie sozialen Ausgleiches erhobenen Steuern und Beiträge zu Sozialversicherungen sind zum Wohle des Deutschen Volkes einzusetzen.

These 4: Die Alternative für Deutschland setzt sich für die Chancengleichheit aller deutschen Bürger ein. Jeder Deutsche soll zudem vom gesamtgesellschaftlich geschaffenen Mehrwert profitieren, nicht zuletzt seiner Leistungsfähigkeit und seinem Engagement entsprechend.

These 5: Die Alternative für Deutschland steht für Eigenverantwortung,  bürgerliches Engagement und das Subsidiaritätsprinzip, sie fördert das Ehrenamt.

These 6: Die Alternative für Deutschland bekennt sich uneingeschränkt zu unseren seit Jahrzehnten bewährten sozialen Sicherungssystemen und betont ihren hohen Wert für die Soziale Marktwirtschaft. Die Alternative für Deutschland ist Garant für deren Erhalt und bestrebt sie im erforderlichen Maße weiterzuentwickeln.

These 7: Unsere Sozialversicherungen dienen der sozialen Sicherung der Beitragszahler und ihrer Familien. Sie garantieren einen solidarischen Ausgleich unter den Beitragszahlern, ihren Familien und unter den Generationen. Die Alternative für Deutschland fördert insbesondere Familien mit Kindern und würdigt diese als tragende Säule der Sozialversicherungen. Sonstige versicherungsfremde Leistungen der Sozialversicherungen sind zu vermeiden oder hinreichend aus Steuermitteln zu finanzieren.

These 8: Die Alternative für Deutschland bekennt sich zum Generationenvertrag der gesetzlichen Rentenversicherung. Den gesellschaftlichen, demografischen und technologischen Wandel begreifen wir als Herausforderung und Anlass für Reformen, die Altersarmut verhindern, Lebensleistung würdigen, Erziehungsleistung honorieren und die gesetzliche Rentenversicherung zukunftssicher gestalten.

These 9: Die Alternative für Deutschland setzt sich für die Gründung eines Staatsfonds ein, der staatliche Pensionen absichert, Kapital in Deutschland hält und vermehrt und deutschen Bürgern eine zuverlässige private Altersvorsorge gewährleistet.

These 10: Die Beiträge zu den Sozialversicherungen und Steuermittel für darüber hinausgehende Hilfen müssen verantwortungsvoll eingesetzt werden. Die Alternative für Deutschland setzt sich daher im Interesse der Beitrags- und Steuerzahler für einen effizienten und ressourcenschonenden Einsatz ein. Das Wohl der Beitragszahler und Hilfeempfänger ist prioritär und hat Vorrang vor Interessen von sozialen Dienstleistern und Dritten. Demographische Herausforderungen meistern wir vor allem durch Effizienzgewinne in den Versorgungssystemen, Bürokratieabbau und eine dementsprechende Wissenschaftsförderung.

These 11: Jeder Mensch hat das Recht auf eine Heimstatt, in der er menschenwürdig leben kann. Die Alternative für Deutschland setzt sich daher für die Schaffung sozial geförderten Wohnraums und inklusiver Kommunen ein.